Zvi Shalamovitch Bei Adoptiveltern den Krieg überlebt
Zvi wurde am 21. Juni 1942 als Sohn von Avraham und Sora Shalamovitch in der belgischen Stadt Brüssel geboren. Er hatte eine ältere Schwester mit Namen Sarah. Zvi sagt, dass er in die Realität des Krieges hineingeboren wurde. Im Mai 1940 war die deutsche Armee in Belgien einmarschiert und hatte sofort die Nürnberger Gesetze auf die jüdische Bevölkerung angewandt. Zvis Schwester wurde gezwungen, die Schule zu verlassen, Avraham hingegen, der Schuhmacher war, arbeitete weiter und bediente sogar Nazi-Soldaten.
Im Januar 1942 begann die Nazi-Armee mit der Deportation der Juden von Belgien nach Polen und von dort in die Vernichtungslager. Zvis Eltern erkannten die Gefahr und wussten, dass sie eine Zuflucht finden mussten, um sich zu retten. Die Familie richtete sich ein Versteck über Avrahams Laden ein. Eines Tages, als die Deutschen nach Juden suchten, die sich noch verborgen hielten, kamen sie zu dem Gebäude, in dem sich Zvis Familie versteckte. Sie hatte sich in die geheime Wohnung zurückgezogen, die sie sich eingerichtet hatte. Zvi erzählt, dass einer der Nachbarn ihnen geholfen hatte, einen Schrank vor die Tür zu stellen, hinter der sich die Wohnung verbarg, so dass die Deutschen sie tatsächlich nicht entdeckten.
Zvi wurde während dieser Zeit geboren. Die Familie blieb fast elf Monate lang untergetaucht. Gegen Ende des Jahres 1942 wurde seine Mutter bei einer der wenigen Gelegenheiten, bei denen sie sich nach draußen wagte, zusammen mit ihrer Schwester gefasst. Beide wurden von den Deutschen nach Auschwitz gebracht und seine Mutter wurde dort ermordet.
Kurz zuvor, im November desselben Jahres, war es den Eltern von Zvi mit Hilfe der belgischen Untergrundbewegung gelungen, ihn zur Adoption freizugeben. Zvi erzählt, dass seine Eltern nicht wussten, wohin er gebracht wurde: „Die Bedingung war, dass meine Eltern nicht wussten, wohin man mich brachte. Zuerst wurde ich in einem Mädcheninternat versteckt. Drei andere Jungen wurden mit mir versteckt. Hélène, eine Frau um 40 und die Leiterin des Internats, fand schließlich christliche Familien, die bereit waren, diese drei Kinder aufzunehmen und zu beschützen. Meine Geschichte war jedoch anders.
Die Internatsleiterin Hélène und ihr Partner Benoit de Bei waren ein kinderloses Paar und beschlossen, mich in ihre Obhut zu nehmen. Um mich nicht durcheinander zu bringen, sagten sie mir, ich solle sie „Onkel“ und „Tante“ nennen, und gaben mir den Namen Henry. Wir mussten Brüssel verlassen und zogen für eine Weile nach Antwerpen. Kurz vor unserem Umzug nahm Hélène Kontakt zu meinem Vater auf und ließ ihn mich noch einmal sehen, damit wir uns richtig verabschieden konnten."
„Ein sehr wichtiges Detail, wie ich später herausfand, war, dass meine Schwester uns am Ende des Treffens, das in einem Brüsseler Park stattfand, nachging. So wusste sie später, als der Krieg zu Ende war, wo sie mich suchen musste.“
Zvi erzählt, dass er während des Krieges bei seiner Adoptivfamilie blieb. Als der Krieg zu Ende war, machten sich sein Vater und seine Schwester auf die Suche nach ihm. Zvis Schwester, die ihnen bei dem Abschiedstreffen im Park gefolgt war, erinnerte sich an die Adresse von Hélène. Als sie dorthin ging, um ihren Bruder zu suchen, sagte ihr eine ältere Frau, dass das Paar, das dort mit einem fremden Kind gewohnt hatte, umgezogen sei.
Dieselbe Frau nannte Zvis Schwester den vollen Namen von Hélène, und mit dieser Information wandte sich Avraham an die Polizei, um Hilfe zu erhalten. Diese fand die Wohnung von Hélènes Schwester in dem Dorf Kontich in Nordbelgien. Avraham und Sarah fuhren sofort dorthin und konnten sogar die Telefonnummer von Hélène herausfinden.
„Der Anruf war sehr aufregend“, sagt Zvi. „Hélène gab mir das Telefon und erklärte mir, dass es mein Vater sei. Ich verstand zuerst nicht ganz, mit wem ich sprach, da ich meine Familie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte und ich noch ein sehr kleines Kind war. Aber ich war trotzdem sehr, sehr aufgeregt. Nach dem Gespräch blieb ich noch einige Zeit bei meinen Adoptiveltern. Das lag daran, dass mein Leben mit meinen Adoptiveltern glücklich und angenehm war. Sie haben sich immer um mich gekümmert und mich geliebt. Aber nach dem Krieg konnte sich mein Vater nicht um mich kümmern, und so blieb ich bis zu meinem sechsten Lebensjahr bei Hélène und Noa.“
Erst drei Jahre nach Ende des Krieges kehrte Zvi nach Hause zurück. Bis zum Tod von Hélène und Benoit blieb er in Kontakt mit seiner Adoptivfamilie.
„Das letzte Mal, als ich meine Adoptivmutter traf, fragte ich sie: 'Warum hast du mich gerettet? Sie schaute mich überrascht und empört an und antwortete: 'Was meinen du?! Ich bin eine gute Christin. Es war meine Pflicht, so zu handeln.' Zwei Wochen nach diesem Besuch verstarb meine Adoptivmutter.“
Zvi beantragte bei Yad Vashem die Anerkennung seiner Adoptiveltern als Gerechte unter den Völkern, und tatsächlich nahm Hélènes Neffe 2002 in der israelischen Botschaft in Brüssel die Urkunde in ihrem Namen entgegen. In seiner Rede beim Empfang sagte er: „Wenn meine Tante noch leben würde, wäre sie sehr überrascht über diese große Ehre, die ihr zuteil wird, denn für sie war das, was sie getan hat, ganz selbstverständlich, für sie und für jeden Menschen mit einem human Empfinden.“